ERÖFFNUNGSREDE ZUR AUSSTELLUNG VON KATRIN KÖPPEN
Sehr geehrte Damen und Herren, mein Name ist Katrin Köppen Kurdirektorin des Seebades Insel Hiddensee. Ich freue mich heute Gast in der Kunstmühle Schwaan zu sein und die Ausstellung „Die Blaue Scheune auf Hiddensee. Günter Fink und die Malerinnen des Hiddensoer Künstlerinnenbundes“ mit eröffnen zu dürfen.
Es freut uns sehr, dass die Kunstmühle Schwaan die bewegende Geschichte der Blauen Scheune und des Hiddenseer Künstlerbundes in der aktuellen Ausstellung lebendig hält. Unter den zahlreichen Malern, die nach Hiddensee kamen, gehört der aus Dresden stammende Günter Fink zu den wenigen, die hier Wurzeln schlugen. Mit der Instandsetzung der BLAUEN SCHEUNE, seinem Atelier, erhielt er dem Ort Vitte ein traditionsreiches Wahrzeichen.
Die Insel Hiddensee als Künstlerinsel entstand mit den gesellschaftlichen Umbrüchen Mitte des vorletzten Jahrhunderts. Bestimmten vorher Leibeigenschaft und bittere Armut das Leben der Menschen, so nahm mit der Entdeckung der Insel durch Künstler und Maler ab ca. 1870 der „Mythos Hiddensee“ erste Gestalt an. Die zweite industrielle Revolution, der technische und zivilisatorische Fortschritt und die Enttäuschung über das Scheitern der Ideale der bürgerlichen Revolution hatten bei vielen Künstlern die Suche nach neuen geistigen Inhalten ausgelöst. Das „Zurück zur Natur“ eines Jean Jaques Rousseau wurde auch in Deutschland ein Ansatz eines neuen Denkens, einer neuen Sinngebung. Otto Modersohn schrieb an seinen Malerfreund Hans am Ende: „Nicht über die Natur, sondern in ihr soll man denken. Und man kann nicht liebevoll, hingebend genug sie anschauen. Wer nicht mit solchem Gefühl vor sie hinkommt, der kommt vergebens; ihm erschließt sie sich nicht1“. In der Ursprünglichkeit der Insel, in den kleinen, reetgedeckten Häusern, in der unverfälschten Natur fanden Künstler aller Schaffensrichtungen das Ziel ihrer Suche nach neuen Idealen. Hiddensee wurde zur „Künstlerkolonie“ hochstilisiert. Anders als in Skagen, Ahrenshoop, Fischerhude, Sylt und Föhr, gab es auf Hiddensee keinen Künstlerverein, keine festgefügten Strukturen. Und doch oder gerade deshalb nahm der Strom der Künstler immer weiter zu. Waren es zuerst die „Aussteiger“ des etablierten Kunstbetriebes, so entdeckte später die deutsche Romantik die Insel. Maler der Düsseldorfer Schule und die „Freilichtmaler“ folgten. Hiddensee als „Künstlerkolonie im Landhausstil“ – so eine Charakterisierung von Ruth Negendanck in ihrem Buch „Hiddensee – die besondere Künstlerkolonie“ – berührten sich auf unterschiedlichen Ebenen die Lebensstile der Künstler und der einheimischen Bevölkerung, fremd und distanziert in ihren jeweiligen Welten, und doch diese Grenzen überschreitend.
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten erstarb auch auf Hiddensee jenes lebendige Schaffen, welches vorher das Leben und Arbeiten der Menschen auf der Insel bestimmte.
Viele Künstler, Literaten, Wissenschaftler kamen nicht mehr auf die Insel; sie emigrierten, wurden ausgestossen, aus ihren Berufen entlassen, ins KZ gesperrt oder ermordet. Die Namen Käthe Löwenthal oder Henni Lehmann steht hier als Beispiel für viele andere.
Nach 1945 wurde Hiddensee zu einem Refugium für Individualisten. Namhafte Künstler der ehemaligen DDR verbrachten hier ihren Urlaub oder weilten für längere Zeit auf der Insel, fernab von der Gängelei durch Partei und Staat.
Mit seiner mehr als hundertjährigen Geschichte als Insel der Künstler und Poeten ist Hiddensee zu einem Teil deutscher Kultur geworden, ein Mikrokosmos deutscher Kunstgeschichte.
Hiddensee ist wieder auf dem Weg, diese Tradition fortzusetzten, den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Junge Künstler sind wieder Gäste auf der Insel, altbetagte finden ihren Weg zurück.
Denn noch heute hat die Insel Hiddensee eine breit gefächerte Kulturlandschaft zu bieten und wir arbeiten täglich daran, diese Kulturlandschaft zu erhalten und auszubauen. So wurde im Jahr 2015 das „Karusell“ auch bekannt als Asta- Nielsen Haus nach einer aufwendigen Sanierung wiedereröffnet und bietet heute Raum für eine Ausstellung zum Architekten Max Taut und eine Ausstellung zum Leben von Asta Nielsen. Das Gerhard Hauptmann Haus mit seiner Geschichte, bietet vom Frühjahr bis Herbst ein vielfältiges Programm von klassischen Konzerten, Liederabende und Lesungen. Im Heimatmuseum der Insel lassen wir in diesem Jahr die Geschichte der Lietzenburg mit einer Sonderausstellung aufleben und die zahlreichen Galerien der Insel locken die Besucher über die gesamte Saison mit Ausstellungen.
Wir die Norddeutsche Künstlerkolonien Schwaan, Ahrenshoop und Hiddensee werden die Traditionen bewahren und durch neue Projekte wieder ins Bewusstsein der Menschen rücken.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!